Während manche Leute noch darüber streiten, ob der Telök denn nun einen schwarzen Humor hat, einen skurrilen, einen dadaistischen oder einen anarchistischen, steht für andere längst fest: Der Telök ist infantil und albern. Sonst nichts. Womit eigentlich alle Recht haben, denn mit normalen Maßstäben lässt sich der Telök kaum begreifen.
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Der Wahnsinn wohnte schon in der ersten Terminplanung: Dirk Sollonsch, der sich vorübergehend „Stormbringer“ nannte, und Martin Fromme als „Joystumpen“ debütierten am 31. 5. 1986, just am Eröffnungsabend der Fußball-Weltmeisterschaft. Wanne-Eickeler, für die es ein Pflichttermin ist, stets aufzulaufen, wenn Wanne-Eickeler in Wanne-Eickel auf der Bühne stehen (kommt ja nicht so oft vor) ignorierten Bulgarien-Italien und begaben sich in die „Banane“ wo sie auf ca. 150 weitere Fußballverächter trafen – und wurden, zum Erstaunen nicht weniger, mit einem ausgesprochen wonnigen Abend belohnt.
Vorausgesetzt, man setzte seine Schmerzgrenze ebenso tief an wie der Telök. Vorausgesetzt, man hatte eben solchen närrischen Spaß an völligen Sinnlosigkeiten. Und voraus gesetzt, man konnte kaum etwas wirklich peinlich finden. Sich selbst schon gar nicht. Dieses simple Prinzip gilt noch bis heute. Verschwunden ist der närrische Dilettantismus. Was aber nicht heißen soll, dass der Telök heute keinen infantilen Späßchen mehr macht. Allerdings sind die beiden heute sichtbar professioneller. Und viel, viel bekannter als damals.
1986 trennten sich Bulgarien und Italien 1:1. Ähnlich klang auch der Abend in der Banane aus. Martin Fromme und Dirk Sollonsch pendelten zwischen genialen Nummern, die sicher auch vor den Augen von Meistern des skurrilen Nonsens und der fröhlichen Anarchie wie etwa Bernstein, Gernhard, Henscheid & Co. bestanden hätten. Und einige waren einfach nur blöd. Unlustig – für manche jedenfalls. Bereits in ihrem ersten Programm spielte der von Geburt an halbe linke Arm Martin Frommes eine tragende Rolle. Oder nicht: Wenn M.F. nämliche einen Tisch spielt, der den kippenden Beweis liefert, dass solch ein
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In seinem 18. Jahr spielt der Telök sein zehntes Programm. Und das längst nicht mehr in Wanne-Eickel und drumherum. Bis Ende 2003 müssen es wohl um die 1.500 Auftritte gewesen sein, mit denen das Irrsinnsduo die ganze Republik und das deutschsprachige Ausland beglückt hat. Was man damals in der Banane den Jungs wohl gewünscht hat. Aber nie ernsthaft glaubte. Und dass man damit sogar ins Profi-Lager wechseln konnte, schon gar nicht.
Frommes Behinderung, in allen bisherigen Telök-Programmen genüsslich in makabre Szene gesetzt, war und ist zwar ein wichtiger Bestandteil ihres Humors, war aber zumindest einer Fernsehkarriere nicht gerade förderlich. Beim ZDF stellte der Produktionsleiter nach drei (!) Probetagen plötzlich (!) fest, dass Martin Fromme der linke Unterarm fehlt. Worauf lange debattiert wurde, ob man das in der Show zeigen darf. Bei Harald Schmidt war ein Telök-Bühnenklassiker der völlige Untergang: Fromme läuft suchend über die Bühne und schreit hysterisch, dass man gar nicht anfangen könne, weil er irgendwo seinen Arm verloren habe. Totenstille im Studio. Bis nach quälenden Minuten endlich Harald Schmidt das Publikum mit ein paar Kalauern aus seiner Behinderten-Starre befreit.
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Während sich die Zartbesaiteten gar nicht oder nur ganz vorsichtig über die derben Scherze mit der eigenen Behinderung amüsieren können, schlagen sich die Schmerzfreien vor Vergnügen auf die Schenkel. Und der Telök gibt es ihnen richtig: „Und am 7. Tag schuf Gott den Menschen. Oh scheiße, der hat ja nur einen Arm. Der kann ja nich ma beten!“ Klar, dass der Telök die Nummer mit dem Kreuz nicht auslassen durfte. An das ein 1½-armiger Heiland schlecht geschlagen werden kann.
„Die ätzende und ankotzende Art und Weise, wie mit dem Kreuz umgegangen worden ist“ veranlasste zwei Pfarrer im Sauerland, Protestlisten auszulegen. Und damit fromme Leserbriefschreiber auf den Plan zu rufen, die den Telök-Auftritt zwar nicht gesehen hatten, den beiden Gotteslästerern aber tatsächlich die Inquisition an den Hals wünschten. Ein Leserbriefkrieg setzte ein – aber die Mehrzahl der Schreiber befand, dass ein Scheiterhaufen wohl doch etwas zu heftig wäre für die Irren aus Wanne-Eickel.
Derweil tobt der „Sturm sinnloser Narreteien“ schon wieder über einem ganz anderen Teil Deutschlands. Offiziere verlieben sich in Klappstühle, die Wohnpolizei prüft, ob man sich „untenrum“ auch ordentlich gewaschen habe und die Zuschauer werden aufgefordert, der Zeitungsfrau mal ordentlich eine reinzuhauen. Kein Gag ist mittelprächtig. Entweder sind sie ausgesprochen schlecht oder brüllend gut. Die glühende Begeisterung ihrer Fans bis hin zum triefenden Hass der Telök-Verächter haben sich Dirk Sollonsch und Martin Fromme redlich erarbeitet. Mit allen Höhen und Tiefen des Showbusiness. Und mit dem absoluten Gefrierpunkt einer jeden Karriere: Als sie in ihren Anfangstagen in Witten mal den Laden komplett leergespielt hatten. Was ihnen aber heute nicht mehr passieren kann.
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